Die nachfolgende Frage zum Piercing Schmuckeinsatz bekamen wir auf unserer Facebook-Seite gestellt. Nachdem Thomas (mal wieder) sehr ausführlich antwortete und die Frage zudem eine gute Frage ist, veröffentlichen wir Frage und Antwort auch hier:
Kundenfrage:
“Was ich mich schon immer gefragt habe: Warum ist der Ersteinsatz bei euch bei so vielen Piercings (Nostril, Ohrpiercings, früher auch Septum) ein Labretstab (vorne Kugel hinten flach)? Irgendwie machen das recht wenige Piercingstudios so und manche behaupten auch, dass das als Ersteinsatz vor allem für Nostril und Septum recht ungeeignet sei… Was sagt ihr als Professionelle dazu? Ich möchte mir ungerne nur wegen anderer Piercer eine schlechte Meinung bilden. Und warum benutzt ihr keine Piercingzangen?”
Antwort von Chefpiercer Thomas:
Hallo Lisa,
danke für deine Frage zu diesem Thema
Die Gründe für den genannten Piercing Schmuckeinsatz sind insbesondere bei Ohr- und Nostrilpiercings sehr einfach erklärt:
Durch die Platte auf der Rückseite bei Ohrpiercings vermindert sich der punktuelle Druck auf ein Minimum, wenn man sich z. B. einmal drauflegt. Eine Kugel hat am Scheitelpunkt doch (gerade beim darauf-schlafen) einen extrem kleinen Druckpunkt. Der sorgt auch schon für die eine oder andere wunde Stelle im Alltag. Abgesehen davon ist eine Platte deutlich besser zu händeln / greifen, wenn man den Schmuck einführen oder auch festschrauben will.
Beim Nostrilpiercing ist z.B. eine Kugel auf der Innenseite der Nase eher unangenehm zu tragen, weil sie deutlich mehr Volumen hat.
Insbesondere Menschen mit eher kleiner Nase haben sonst oft dauerhaft das Gefühl, sich ständig die Nase putzen zu müssen. Spiralstecker kommen bei uns für den Ersteinsatz nicht infrage. Die verabschieden sich doch nur zu oft ungewollt. Beispielsweise beim Naseputzen oder wenn man etwa ungewollt drüberkratzt. Ausserdem sind sie durch ihren 90-Grad-Winkel beim Einsetzen unnötig schmerzhaft. Das gilt vor allem beim Piercing Schmuckeinsatz bei frischen Nasenpiercings.
Beim Septum haben sehr viele Kunden das Problem, dass sie es beispielsweise in der Arbeit nicht offen tragen dürfen.
Das bekommen wir meistens schon vor dem Stechen als Bedenken geäußert. Wir wissen, dass viele andere Studios daher zu beginn gerne Hufeisenringe einsetzen, “die man bei Bedarf einfach hochklappen kann”. Das mit dem Hochklappen mag einerseits bei einem abgeheilten Septumpiercing kein Problem sein. Andererseits muss man den Ring dafür ein wenig nach vorne ziehen und dann nach oben drehen. Ziehen und drehen an einem frischen Piercing halten wir für absolut keine gute Idee. Das ist zum Einen meist recht schmerzhaft und zum Anderen für die Wundheilung absolut nicht förderlich. Geschwollene Ränder und Wildfleisch sind häufig die Folge.
Als wir eingangs noch mit Bullet-keepern gearbeitet haben, haben viele Kunden beim Naseputzen die Gummiringe verloren. Daher sind wir auf Stäbe umgestiegen. Mit 2 Kugeln hat entweder eine Kugel herausgeschaut oder die Kunden haben Kugeln verloren. Beispielsweise weil sie sich beim Naseputzen gelockert haben und sie den Schmuck nicht vernünftig festhalten konnten um die Kugeln wieder festzuschrauben. Feuchte Kugeln sind absolut nicht griffig. Daher waren Labretstuds als “unsichtbare” Alternative vor langer Zeit unsere Wahl.
Inzwischen verwenden wir für den Septum Piercing Schmuckeinsatz ausschließlich mit U-Keepern. Die setzen wir nach dem Stechen ein und klappen sie mit den entsprechenden Handgriffen problemlos nach oben. Kein Gummi, kein Schraubverschluss. Und sie lassen sich sehr einfach fixieren und bei Bedarf wechseln. Sie sind unserer Meinung nach am einfachsten zu reinigen und “ungewolltes Verlieren” ist nahezu ausgeschlossen. Selbst bei schlimmen Erkältungen und häufigem Naseputzen. Und die Resultate bei der Abheilung sind absolut überzeugend, schon weil man kaum daran hängenbleiben kann.
Dass wir bei vielen Piercings keine Zangen verwenden hat ebenfalls einfache Gründe:
Besonders beim Septum ist die Zange für die meisten Kunden schmerzhafter als das Stechen an sich. Fixiert man die Nase (oder auch den Knorpel am Ohr) mit einer Zange, ist die Gefahr sehr groß das Gewebe in der Zange ungleichmäßig zu fixieren. Infolgedessen kann so passieren, dass das Piercing nach dem Stechen schief ist. Ohne Zange haben wir an diesen Stellen deutlich mehr Gefühl und können die Richtung vom Stichkanal deutlich besser selbst beeinflussen. Das ist aber keine “richtig-oder-falsch”-Frage. Jeder Piercer muss die Methode finden, mit der er am besten zurechtkommt. Wir kommen bei vielen Piercings ohne Zange deutlich besser zurecht, bei vielen Piercings verwenden wir wiederum Zangen. Das kommt daher, weil insbesondere weiches Gewebe (Ohrläppchen beispielsweise) beim Gebrauch einer Zange deutlich weniger nachgeben.
Dass andere Studios andere Arbeitsmethoden haben ist uns bekannt – und für uns auch kein Problem.
Wir arbeiten ständig daran, unsere Arbeitsabläufe und Schmuckauswahl zu optimieren. Das machen wir, um für die Kunden bestmögliche Resultate zu erzielen. Dieser Prozess begleitet unsere Arbeit seit nunmehr über 10 Jahren. Und auch wenn etliche andere Studios ihr Leben lang so arbeiten, wie es halt einmal beigebracht wurde, halten wir den Weg der Weiterentwicklung für den Richtigen.
Andere Studios arbeiten mit anderen Methoden und mit anderem Schmuck, sehr oft zum Beispiel mit Schmuck aus Plastik. Unsere Meinung und Gedanken hierzu sind unter folgendem Link zusammengefasst:
Wie du siehst, machen wir uns ständig und viele Gedanken zu unserer Arbeitsweise. Wir analysieren ständig neue (und vermeintlich “bewährte”) Aspekte und Arbeitsweisen und machen uns viele Gedanken dazu.
Wenn du dazu noch Fragen hast, beantworten wir sie an dieser Stelle selbstverständlich gerne
Liebe Grüße
Thomas aus dem Tempel
Update 2021: Seit Jahren kommt gerade bei Nostril und Ohrpiercings immer wieder die Frage nach Ringen als Erstschmuck auf. Das halten wir für gar keine gute Idee. Die Gründe dafür erläutern wir ausführlich in diesem Video.