Gedanken zu „Tattoo Studios in Bayern bleiben geschlossen“

Seit gestern Abend ist es also final raus. Tattoostudios in Bayern bleiben geschlossen. Ich habe dazu ehrlich gesagt ziemlich gemischte Gefühle. Warum?

Als ich Donnerstag morgen gelesen habe, dass „bundesweit die restlichen körpernahen Dienstleistungen öffnen“, war ich erst einmal erleichtert. Zum einen, weil es nach inzwischen über einem halben Jahr (!) endlich wieder an der Zeit ist. Zum anderen, weil ich der Meinung war, unsere Regierung hatte sich endlich einmal Gedanken gemacht.

Wer das ganze  lieber im Video sehen möchte, kann dies hier tun.

War doch in den Beschlussvorlagen auch noch von einer Teststrategie wie in Österreich die Rede. Darüber hatten wir in den letzten Wochen öfter berichtet. Kurzfassung: Wer einen – übrigens in Österreich kostenlosen – Schnelltest hat, darf für 48 Stunden zu Frisör, Massage, Tätowierer und Co. Keine Dauerlösung, aber aktuell besser als nichts.

Ein Konzept, welches wir seit Monaten fordern. Aber das nur am Rande.

Warum Frisöre, Nagelstudios & Co in Deutschland seit einer Woche ohne dieses Tests arbeiten dürfen, erschließt sich mir nicht.

Keine Testpflicht und Teststrategie

Donnerstag morgen stand dann fest: Aus der Beschlussvorlage war ein Beschluss geworden – und die Testpflicht war verschwunden.

Warum genau waren wir jetzt die letzten Monate geschlossen und wird das Instrument des „Testens“ als Waffe gegen das Virus angepriesen, wenn das Öffnen in Deutschland nicht an den Einsatz von Tests gekoppelt ist? Zumindest für einen vorübergehenden Zeitraum? Ich verstehe es einfach nicht.

In ein paar Wochen wird man den Bürgern die Schuld geben an den wieder gestiegenen Infektionszahlen und daraus herleiten, dass es für Öffnungen zu früh war und ist. Faktisch sind aber die Bürger nicht schuld und es ist auch nicht zu früh. Unsere Politiker sind es, die nicht fähig waren und es leider auch nicht sind, über den Lockdown hinaus Konzepte zu Entwickeln. Dabei müssten sie diese ja nicht einmal entwickeln, sondern nur von den Nachbarländern abschauen.

Aber immerhin haben wir jetzt im 13. Monat (!) der Pandemie eine Task-Force gegründet, die sich um die Bestellung von Schnelltests kümmert. Würde ich unser Studio so führen wie uns unsere Regierung, wären wir schon längst Pleite.

Um mich rum habe ich zu viele Corona-Infizierte mit zum Teil tödlichen oder heftigen Verläufen, um Corona für eine Grippe zu halten. Der Einsatz von Tests hätte uns eine Sicherheit gebracht. Insofern vielleicht gar nicht schlecht, wenn wir noch etwas daheim bleiben dürfen. Auch wenn die Mitarbeiter in Kurzarbeit bleiben, der Staat inzwischen nur noch 90% der Fixkosten deckt und ich die restlichen 10% aus eigener Tasche zahlen „darf“.

Inzwischen im siebten Monat ohne Einkommen

Wie im übrigen auch mein Gehalt, nun im siebten (!) Monat.
Geschäftsführer bekommen vom Staat nämlich nichts bzw. jetzt dann wohl 20% (!) ihres Gehaltes. Sieben Monate Miete, Krankenkasse, Auto, Versicherungen und Essen aus eigener Tasche. Nice. Aber vielleicht kann ich ja von den 20% dann immerhin meine Krankenkasse zahlen… Wer braucht schon eine Altersvorsorge?

Die Ungerechtigkeit ist es, die mich so unfassbar wütend macht

Es ist die Ungerechtigkeit, die mich so unfassbar wütend macht. Da beschließen Bund und Länder, die restlichen körpernahen Dienstleistungen zu öffnen. Welches Bundesland schert als einziges aus und öffnet Tattoostudios nicht? Natürlich das, in dem ich wohne.

Wenn es denn wenigstens konsequent wäre. Aber nein, man musste ja zu den Frisören auch unbedingt noch die Kosmetik- und Nagelstudios öffnen. Die Krönung der Frechheit ist dann, dass laut Verordnung diese die „überwiegend hygienisch und pflegerisch erforderlichen Dienstleistungen erbringen dürfen“. Daraus wurde dann in der Positivliste vom Ministerium, dass die Betriebe selbstverständlich alle Leistungen erbringen dürfen. Auch die rein dekorativen. Selbstverständlich ohne Test.

Derzeit (!) keine Öffnungsperspektive für Tattoostudios in Bayern

Schlimmer noch: Aktuell sind Tattoostudios – zusammen mit der Prostitution, aber das ist ja auch irgendwo eine körpernahe Dienstleistung – einer der wenigen Bereich, für den in Bayern keine Öffnungsperspektive vorgesehen ist.

Während um uns rum also zukünftig nicht nur wie schon seit Monaten in Österreich, der Schweiz, Luxemburg etc. tätowiert wird, kommen ab Montag auch noch sämtliche Deutschen Bundesländer dazu.

Klage als einzige Möglichkeit

Was bleibt, ist eine Klage als einzige Möglichkeit. Für uns wäre es die dritte im Lockdown.

Als wir die erste Klage einreichten, durften wir überraschend eine Woche später wieder öffnen, die Beschränkungen für uns waren aufgehoben.

Klage Nummer zwei haben wir im November eingereicht. Vier Wochen dauerte es, bis der Eilantrag entschieden wurde. Die Gerichte hatten ja schließlich viel zu tun. Wer heute klagt, klagt gegen eine Verordnung, die es vermutlich beim Entscheid schon gar nicht mehr gibt. Womit eine neue  Klage nötig wäre…

Gerecht ist das nicht. Es ist diese Ungerechtigkeit, aber auch diese Machtlosigkeit gegen diese Willkür, die einen so unfassbar traurig und wütend zugleich macht.