Edding Tattoofarbe und Tattoo-REACH – Schluss  mit Mythen & Gerüchten

Hartnäckig hält sich unter Tätowierern und Tattoo-Kunden das Gerücht, Tattoo-REACH würde in irgendeinem Zusammenhang mit edding bzw. der Edding-Tattoofarbe stehen. Das bevorstehende Verbot vieler (nahezu aller derzeit legalen verfügbaren) Tattoofarben hat in vielen Tattoostudios die Nerven scheinbar blank gelegt. Um so mehr, da diese nach vielen Monaten Corona-Lockdown ebenso wie die Kassen der Tätowierer ohnehin nicht  mehr die besten sind.

Dennoch wird hier jemand zum Sündenbock für eine bescheidene Situation gemacht, der nicht wirklich viel bzw. gar nichts dafür kann. Zeit für eine kurze Analyse.

Woher kam das Gerücht, Edding würde hinter Tattoo-REACH stecken?

So ganz genau ist das natürlich nicht nachvollziehbar, aber in diversen Tätowierer-Gruppen auf Facebook gab es entsprechende Einträge schon vor 41 Wochen. Auch wenn es damals noch um das Verbot um Blau und Grün ging. Zitat: „Aber bin mir ziemlich sicher, dass die treibende Kraft bei dieser Regelung Lobbyismus heißt (…) auch wenn dann einige gutgläubige sicher „Zufall!“ schreien wenn Edding & Co mit ersten Patenten ums Eck kommen“.

Diese Gruppe hat über 1100 Tätowierer als Mitglieder. Was für eine Streuwirkung so eine Gruppe haben kann, darüber gibt es vermutlich keine zwei Meinungen. In einer anderen Gruppe für Tätowierer wurde vor wenigen Tagen als Tattoo-REACH erstmals einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde ein Posting abgesetzt. Der Wortlaut lediglich „da haben wir es schon“. Dazu ein Verweis auf die Homepage von die Tattoofarben von Edding.  Auf dieser Seite erklärt Edding folgendes:

Alle Pigmente (inklusive Pigment Green und Pigment Blue) der edding Tattoofarben erfüllen die derzeitig gültigen europäischen und deutschen Gesetze und Verordnungen. Hierzu zählen die Bestimmungen der aktuellen europäischen REACH-Verordnung, der deutschen Tätowiermittel- und Kosmetikverordnung sowie des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches.

Die Kommentare darunter sind gespalten. Für einige ist das natürlich die Antwort auf alle Fragen. Es kommt eine neue Verordnung die einiges verbietet, ein großer Konzern hat dafür schon die Lösung. Verwunderlich und verwerflich ist diese Denkweise nicht. Zuviel schlechte Erfahrungen und Nachrichten hat man im Bezug auf Lobbyismus & Politik in den letzten Jahren mitbekommen und erlebt. Da könnte man doch auch hier glatt meinen…

Was kann Edding für Tattoo-REACH? Die Antwort ist einfach. Gar nix.

Aber es gibt auch Mahner in den Kommentarspalten. Ein bekannter Tattoo-Anwalt der seit vielen Jahren in der Tattoo-Szene tätig ist erklärt, dass Tattoo-REACH schon viele Jahre vor dem Engagement von Edding in der Tattoo-Branche ins Rollen gebracht wurde.

Das European Tattoo Panel ruft eine Live-Sendung auf Instagram ins Leben. Motto: „Mythen & Bullshit über REACH“. Wir haben die Sendung in diesem Artikel beschrieben:

Tattoo-REACH – aktueller Stand 23.09.2021 – European Tattoo Panel

Das wichtigste zu diesem Thema: REACH kam bereits 2008 ins Rollen. Edding forscht seit 5 Jahren an einer eigenen Tattoo-Farbe. Im übrigen hat Edding in den letzten Jahren niemals ein Geheimnis daraus gemacht. Wir haben uns ja auch dem Engagment von Edding in der Tattoo-Szene schon einmal angenommen.

Edding bringt Tattoofarbe auf den Markt & eröffnet Tattoo Studio

Schon damals fand man auf der Homepage von Edding den Hinweis, dass die Farben der neuen Europäischen Verordnung entsprechen werden.

Auch die anderen Tattoofarben-Hersteller wussten es schon lange

Dass die anderen Hersteller von Tattoofarbe von Tattoo-REACH überrascht wurden, kann an ebenfalls nicht sagen. Hier handelt es sich auch zum Teil um millionenschwere Konzerne. Als unser Tibi vor rund 2,5 Jahren auf Einladung seines Sponsors Intenze in Las Vegas auf der „The World Tattoo Industry Trade Show“ war, war auch genau das jetzige Szenario ein Thema.

the world tattoo industry trade show las vegas 2018, Tibor Szalai
the world tattoo industry trade show las vegas 2018, Tibor Szalai

Wir und fast alle anderen haben dem damals allerdings kaum eine Bedeutung beigemessen. War ja klar, dass die großen Farbhersteller sich für den größten Markt für Tattoofarben – die Europäische Union hat mehr Einwohner als die USA – sich etwas einfallen lassen würden. Oder etwa nicht?

Großer Werbewert für Edding Tattoofarben

Eines haben die Gerüchte auf jeden Fall geschafft. Sie waren eine unbezahlbare Werbung für die Tattoofarben von Edding. Nachdem der Start ins Tattoogeschäft damals doch etwas holprig war, dürfte das jetzt die zweite Luft gewesen sein. „Edding Tattoofarbe kaufen“ erscheint bei Google sofort als Vorschlag, wenn man nur nach der Tattoofarbe des Stifteherstellers sucht. So oft wird die Suchanfrage gestellt.

Edding Tattoofarbe gibt es derzeit nicht zu kaufen

Das ganze hilft Edding nur relativ wenig. Die Farbe ist derzeit noch nicht auf dem Verkaufsmarkt verfügbar. Ein befreundeter Tätowierer aus Hamburg rief direkt bei Edding an und bekam dort wohl folgende Auskunft: Derzeit ist die Farbe nicht zu verkaufen. Ob sie das in einem halben Jahr oder erst in einigen Jahren sein wird, könne man derzeit nicht sagen.

Klingt nicht nach einem ausgefuchsten Geheimplan eines Konzernes, der sich zum Inkrafttreten von Tattoo-REACH einen großen Wettbewerbsvorteil verschaffen möchte.

Was bedeutet Tattoo-REACH für die Tattoo-Farben? Stand 10.10.21