Bundesverband Tattoo Zoom-Meeting zum Thema Verbot der Tattoofarben / Tattoo-REACH

Nachdem es vor einigen Tagen bereits vom European Tattoo Panel eine ähnliche Veranstaltung zum Thema Tattoo-REACH und die Zukunft der Tattoofarben gegeben hatte, fand nun am gestrigen Montag ein Zoom-Meeting zu dem Thema statt. Veranstalter bzw. Ausrichter war diesmal der Bundesverband Tattoo (BVT).

Prominent besetztes „Podium“ zum Thema Tattoo-REACH

Das schöne bei solchen Veranstaltungen via Zoom ist, dass es eigentlich kein Podium gibt. Wenn es eines gegeben hätte, dann könnte man es durchaus Prominent besetzt nennen. Beispielhaft erwähnt seien hier folgende Teilnehmer des Meetings: Urban Slamal, Gordon Lickefett, Jörn Elsenbruch, Andy Schmidt, zwei Herren von Edding, Dr. Mark Benecke. Auch ein Urgestein der Tätowierer aus München habe ich unter den Teilnehmern entdeckt: Peter Laubach vom Rainbow-Tattoo. Bereits 1983 hatte er sein Tattoostudio in München und war damit einer der Vorreiter und Wegbereiter für die heutige Szene.

Hohes Diskussionsniveau unter den Teilnehmern

Trotz des emotionalen Themas herrschte die ganze Zeit ein sehr hohes Diskussionsniveau. Auch nicht selbstverständlich für eine Veranstaltung, die am Montag Abend um 20:00 Uhr beginnt und 2 Stunden 20 Minuten dauert.

Umfassende Aufklärung von Urban Slamal

Zu Beginn erklärte der Vorsitzende vom Bundesverband Tattoo Urban Slamal umfassend die aktuelle Situation. Das dauerte rund 40 Minuten und erklärte sowohl den Werdegang von Tattoo-REACH, Probleme und mögliche Konsequenzen von Verstößen. Alles im Detail ausführlich zu erklären wäre zu umfangreich, vieles wurde auch schon beim European Tattoo Panel erklärt. Das wichtigste in Kürze:

Es bleibt bei den bekannten Problemen – für die Pigmente blue 15 und green 7 ist mit Beginn des Jahres 2023 Schluss. Das aktuell größere Problem ist jedoch Tattoo-REACH, welches nahezu alle derzeit auf dem Markt erhältlichen Farben zum 04. Januar 2022 verbietet.

Viele Inhaltsstoffe wohl ersetzbar – die Frage ist nur, bis wann

Die Experten und Hersteller von Tattoofarben sind sich weitestgehend einig, dass die meisten Inhaltsstoffe ersetzt werden können. Die Frage ist nur, bis wann das passiert. Einer der anwensenden Tattoo-Supplier meinte, dass einige Hersteller von Tattoofarben wohl neue Farben zum Januar im Programm hätte. Über den Umfang der Farbpalette und vor allem die Qualität der Farben kann man derzeit logischerweise noch keine Aussagen treffen. Viele Farbhersteller lassen sich da noch nicht in die Karten schauen.

Alles nur ein Marketing-Trick, um noch schnell die alten Tattoofarben zu verkaufen?

Die Vermutung, dass die derzeitige Panik nur ein Marketing-Trick ist, damit die Hersteller noch ihre restlichen Tattoofarben verkaufen können, kam in den letzten Wochen öfters auf. Zumindest den anwesenden Personen war nicht bekannt, dass die Farbhersteller schon umfangreiche Tattoofarben in der Hinterhand hätten und diese sind im Regelfalle dann doch ganz gut vernetzt.

Strafbarkeit, wenn man mit alten Tattoofarben weiter tätowiert

Bei der Veranstaltung des European Tattoo Panel geisterten was die Strafbarkeit beim Verwenden der alten Farben angeht horrende Summen durch die Sendung/Veranstaltung. Dies wurde hier etwas relativiert. Noch gibt es keine Europäischen Bußgeldvorschriften. Dennoch können die Vorschriften der einzelnen Länder natürlich zu Sanktionen führen. Einen Kunden mit einer nicht zugelassenen Farbe zu tätowieren, ist zudem eine Körperverletzung.

Welche Tattoofarben sind nach REACH noch zugelassen? Gibt es eine Liste?

Die Verbände werden hierzu keine Liste erstellen, weil sich zu oft Inhaltsstoffe und somit auch die Zulassungen ändern. Aktuell ist es wohl so, dass man bei den großen Suppliern nur eine Tattoofarbe findet, die zum derzeitigen Zeitpunkt die Vorgaben erfüllt.

Von dubiosen Angeboten auf Amazon, Ebay etc. von Tattoofarben von denen man seit Jahren wenig bis nichts gehört hat und zum Teil die Etiketten wohl nachträglich zugeschickt bekommt, würden die meisten Teilnehmer eher Abstand nehmen.

Auch mit dabei: Zwei Herren von Edding

Ebenfalls mit dabei bei dem Zoom-Meeting: Zwei Herren von Edding. Gregor Hintz ist der Leiter der Kommunikation bei Edding, Sebastian Gellwitzki laut linkedin Business Development Manager Tattoo bei der Edding AG. Sie erzählten einiges zum bisherigen Einstieg von Edding in die Tattoo-Branche. Es gäbe bei der Tattoofarbe von Edding keine künstliche Verknappung, sie wäre aktuell noch nicht zum Verkauf gedacht. Außerdem würde Edding keine Lobbyisten oder ähnliches in Brüssel beschäftigen, sondern lediglich die Verordnungen und Richtlinien von dort rechtzeitig bekommen und erkennen. Das liegt an der Jahrzehntelangen Erfahrung von Edding mit diesen Dingen durch die Produktion von Stiften.

Über den Markteinstieg von Edding bei Tattoofarben hätte man noch ewig diskutieren können, aber das war an dieser Stelle nicht das Thema.

Edding Tattoofarbe und Tattoo-REACH – Mythen & Gerüchte

Großes Problem in Zukunft: Das Pigment blue 15

Längere Zeit ging es noch um das Problem, welches 2023 auftritt: Das Verbot von blue 15. Hier waren sich fast alle einig, dass dieses Pigment nicht ersetzt werden kann. Um das Pigment weiter verwenden zu können, wären umfangreiche Studien nötig. Da das blau für Farbhersteller außerhalb der Tattoobranche nicht wichtig ist, wird das außerhalb der Tattooszene niemand machen. Die Kosten dafür würden wohl im niedrigen sechsstelligen Bereich liegen. Über ein Crowdfunding der Tätowierer, rechtliche Schwierigkeiten dabei etc. wurde länger diskutiert.

Studie in Berlin zu Tattoofarben

Zum Abschluß ging es kurz um die Studie zum Thema Tattoofarben in Berlin. Auch wenn das mit Tattoo-REACH erst einmal nichts zu tun hat, gibt es hierzu eine einhellige Meinung. Wem es irgendwie möglich ist, der möge bitte mitmachen.

Forschung zu Tattoofarben. Probanden für Studie zu Tattoos gesucht

Nach gut zwei Stunden und zwanzig Minuten wurde die Sitzung bzw. das Meeting um kurz vor 22:30 Uhr beendet. Ein gelungener Start in die Woche. Danke an den BVT für die Plattform und danke an alle Teilnehmer für die durchaus konstruktive Diskussion. Fragen, Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge dazu gerne direkt an mich.