Dass wir nicht zu den Corona-Leugnern gehören und die Gefährlichkeit des Virus nicht anzweifeln, haben wir ja bereits vorgestern geklärt – und auch da bereits klargestellt, warum wir diese Maßnahmen nicht verstehen können: Dass der Text von unseren Profilen weg fast 4000 mal geteilt wurde unterstreicht eindrucksvoll, dass wir mit unserer Einschätzung nicht alleine dastehen. Danke dafür.
Als beim letzten Lockdown im Frühjahr alles geschlossen wurde, hatten wir – wie dieses mal auch – nackte Existenzangst. Geklagt hatten wir – vorerst – nicht: Wenn alles runtergefahren wird, um ein tödliches Virus in Schach zu halten, dann ist unserer Meinung nach nicht die Zeit für Klagen. Andere mögen das anders sehen, wir lassen jedem seine Meinung.
Als dann die Frisöre, Kosmetikstudios und der Einzelhandel geöffnet wurden, haben wir geklagt, weil wir uns diese Ungerechtigkeit nicht bieten lassen wollten. Die Klage eingereicht haben wir am 04. Mai, am 06. Mai verkündete die Bayerische Staatsregierung, dass Tattoo-Studios ab der kommenden Woche wieder öffnen dürfen. Die Klage wäre ins Leere gelaufen, gegen eine Verordnung die es dann nicht mehr gegeben hätte – darum mussten wir sie zurückziehen.
Die Geschichte wiederholt sich: Wenn in Deutschland alles runtergefahren werden würde, dann gäbe es für uns – abgesehen von der Existenzangst – wenig Gründe und Angriffspunkte für eine Klage. Das Gegenteil ist jedoch der Fall:
Die meisten Tätowierer arbeiten mit 1-2 Kunden am Tag, lückenlos dokumentiert. Diese Kunden verursachen bei rund 100 Tattoostudios in München kein nennenswertes Verkehrsaufkommen und Corona-Infektionen in Tattoostudios sind bis jetzt nicht bekannt.
Die – unserer Meinung nach wirklich dümmliche – Argumentation, dass man bei 80% der Corona-Infektionen nicht nachvollziehen könnte, woher diese kommt sollte eines Politikers eigentlich unwürdig sein: Wahlumfragen z.B. werden in der Regel mit rund 1000 Teilnehmern erstellt – und man erreicht dabei bei Millionen Wahlberechtigen eine sehr hohe Aussagekraft und Genauigkeit. Wenn man nun bei 20% der Corona-Infektionen weiß, dass diese eben nicht aus Tattoo-Studios (und größtenteils nicht aus der Gastronomie) kommen, ist es nicht im Geringsten nachvollziehbar wie man auch nur auf die Idee kommen kann, dass die 80% Dunkelziffer genau aus den Bereichen mit der größten Dokumentations- und Sorgfaltsplicht kommen soll.
Wir können auch heute noch genau sagen, welche Kunden vor drei Wochen zu welcher Uhrzeit bei uns waren und mit wem sie in Kontakt gekommen sind. Können das die großen Kaufhäuser auch?
Ist es nicht so, dass in den großen Einkaufszentren, Möbelhäusern und Elektromärkten gerade jetzt in der Ferienzeit wo alle Freizeitmöglichkeiten geschlossen wurden ein deutlich erhöhtes Kundenaufkommen zu erwarten ist – deutlich höher als in jedem Tattoostudio? Ist es nicht so, dass genau diese Geschäfte zusätzlich zu den Menschen die ohnehin Arbeiten müssen die Leute zu tausenden in die Innenstädte ziehen – überwiegend in den öffentlichen Verkehrsmitteln, wo die Menschen dann dichtgedrängt und natürlich ohne jegliche Dokumentationspflicht zusammen sitzen und stehen?
Ist eine neue Luxus-Handtasche wirklich relevanter als ein Piercing? Könnte man nicht auch einmal drei Wochen auf einen Haarschnitt oder eine Dauerwelle verzichten?
Warum gibt es in den Zügen der Deutschen Bahn keine Dokumentationspflicht, wo Reisende zum Teil viele Stunden auf engstem Raum zusammensitzen? Warum gibt es in Bayern keine Besucherzahlen-Beschränkungen sowie keine Dokumentations- und Maskenpflicht für Gottesdienste, wo es doch durchaus bekannte Hotspots bei Gottesdiensten gab und in der Kirche überwiegend das Alter vertreten ist, welches als Risikogruppe besonders geschützt werden sollte?
Als Corona vor über einem halben Jahr plötzlich über uns kam, hatten wir für vieles Verständnis: Das war alles neu und konnte nicht von heute auf morgen geregelt werden.
Ein dreiviertel Jahr später schaut die Sachlage etwas anders aus und es fehlt uns jegliches Verständnis dafür, dass genau solche Sachen nicht geregelt sind.
Die Staatsregierung sagt, die Gesundheitsämter sind überlastet und die Nachverfolgung der Infektionsketten ist nicht mehr gewährleistet. Darf man an dieser Stelle einmal die Frage stellen, was die Regierung im letzten halben Jahr gemacht hat, wenn die Gesundheitsämter schon bei Infektionszahlen im Promillebereich überlastet sind? Ist es nicht so, dass wirklich jeder wusste dass die Zahlen im Herbst wieder steigen werden?
Vorerst wurde nun ein Lockdown für 4 Wochen angekündigt. Nach zwei Wochen müsse man dann beurteilen, ob es ausreicht. Wenn nicht, dann sind wir vielleicht bis Weihnachten oder dem Frühling geschlossen, wer kann das heute schon sagen. Zur Erinnerung: Wir waren im letzten Frühling bereits rund sechs Wochen geschlossen und auch danach haben die Umsatzahlen wohl bei niemandem mehr die vorherigen Werte im Ansatz erreicht. Bei uns mit unseren aufgestockten Hygienemaßnahmen und Pufferzeiten erst recht nicht.
Ein Tattoo- oder Piercing mag für viele nicht relevant erscheinen. Das sind aber viele andere Artikel die man derzeit kaufen kann auch nicht. Tätowierer und Piercer sind aber auch Menschen, Väter, Mütter. Sie müssen sich und ihre Familien ebenso ernähren können wie jeder andere auch.
Alleine schon um Rechtssicherheit zu erlangen, werden wir – sobald es von der Bayerischen Staatsregierung etwas schriftliches gibt – umgehend Klage einreichen.