„Wir machen auf“? – Nein, der Tempel München lässt zu


Vorneweg: Wir verstehen wirklich jeden Gewerbetreibenden und Selbständigen, der an der Corona-Situation verzweifelt. Aus dieser Verzweiflung ist letztlich die Situaiton “Wir machen auf” entstanden. Wir werden uns an der Aktion aber nicht beteiligen. Im Folgenden möchten wir gerne erklären warum.

Bei uns schaut es derzeit wie folgt aus:
– Soforthilfe November: Nicht eingetroffen (Abschlagszahlung bekommen).
– Kurzarbeitergeld November: Nicht eingetroffen
– Soforthilfe Dezember: Nicht eingetroffen
– Kurzarbeitergeld Dezember: Nicht eingetroffen

…vom Januar reden wir ohnehin noch nicht…

In unserem Falle wurde quasi Mitte Oktober festgelegt, dass wir ab Anfang November nicht mehr arbeiten dürfen. Dafür wurde schnelle, unbürokratische Hilfe versprochen. Ende November konnte diese dann erst einmal beantragt (!) werden. Mitte Dezember bekamen wir eine vorläufige Abschlagszahlung, die in unserem Fall die Miete + Nebenkosten für das Geschäft deckt. Für einen Monat.

Wir haben aber inzwischen zum dreimal Miete bezahlt. Außerdem zweimal die Gehälter für ein Dutzend Beschäftigte für Monate, in denen wir quasi keine Einnahmen hatten. Übrigens nicht das Brutto, sondern Brutto plus Krankasse / Sozialversicherungsbeiträge. Das Konto – welches nach dem Umbau und dem ersten Lockdown ohnehin nicht mehr so gut gefüllt war – ist faktisch leer. Aber es sind ja noch 2,5 Wochen bis zum nächsten Zahltag…

Der nächste Gang zur Bank wird der zur Beantragung eines Kredites. Dabei haben wir seit einem Dutzend Jahren keinen Cent Schulden mehr gehabt. Verrückte Welt. Gut fühlt sich das nicht an.

Bei vielen anderen Selbständigen die wir kennen, schaut es ähnlich aus. Da kann man schon einmal auf alle möglichen Gedanken kommen.

Viele haben uns gefragt, ob wir uns an „Wir machen auf“ beteiligen werden. In den sozialen Netzwerken haben wir oftmals gelesen: „Wenn alle aufmachen, dann können die nichts machen“. Klingt nach einem Plan. Ungefähr so realistisch wie „wenn alle durch den Blitzer am McGraw-Graben rasen, dann können die nicht alle bestrafen“. Oder „wenn wir alle keine Steuern/GEZ zahlen, dann können sie nichts machen“.

Doch. Können sie. Werden sie. Im Raum steht hier nicht nur die Geldstrafe für das öffnen, sondern bei den beschäftigten Mitarbeitern (sollen wir die dazu eigentlich zwingen, sich an etwas illegalem zu beteiligen?) wäre es auch noch Subventionsbetrug. Außer wir würden die Kurzarbeit davor beendigen und hoffen, dass wir ab jetzt normal weiter arbeiten können…. und Leute unter diesen Umständen überhaupt zu uns kommen würden.

Es ist ja nicht so, dass wir uns alle staatlichen Maßnahmen gefallen lassen würden: Wir haben im Frühjahr geklagt, doch noch bevor die Klage entschieden war, durften wir wieder öffnen. Im Herbst wurde der Eilantrag abgelehnt. Übrigens nach vier Wochen und ohne auf den Sachverhalt wirklich einzugehen. Was uns maßlos geärgert hat, weil wir vier Wochen wie auf Kohlen saßen und guter Dinge waren. In wenigen anderen Bundesländern funktionierte es, in Bayern nicht.

Wir sind weit davon entfernt, Corona zu leugnen: Das Virus hat uns inzwischen selber erwischt: Mitten in der Belegschaft, trotz quasi kaum Kontakten und allen beachteten Hygienemaßnahmen. Angehörige von der Belegschaft. Freunde und Kunden sowieso. Angehörige von Freunden sind verstorben. Freunde von uns kämpfen noch Monate später mit den Nachwirkungen.

Dennoch sind wir der Meinung, dass Dienstleistungen die mit wenigen Kunden auskommen, dass z.B. mit Schnelltests lösen könnten.

Mit „Kontaktreduzierung“ muss uns ohnehin niemand kommen, solange z.B. in jedem Großraumbüro, Callcenter und in jeder Fabrik ganz normal gearbeitet werden darf. Das gehört zu den Dingen, die wir nicht verstehen. Das Virus offensichtlich auch nicht: Es macht bei den Maßnahmen einfach nicht wie versprochen mit, sondern verbreitet sich munter weiter. Vermutlich hat es begriffen, dass ihm egal ist bei welchem Kontakt es sich verbreitet. Damit ist es so manchem Politiker meilenweit voraus.
An Aktionen, die quasi zur Anarchie aufrufen, werden wir uns dennoch nicht beteiligen. Das erscheint uns dann doch etwas kurz gedacht. Außerdem sparen wir uns so einen Rückzieher, wie ihn inzwischen fast alle Initiatoren hingelegt haben.
Welch Überraschung.