3. Tattoo-Tagung in Bochum am 25.02.2017
Die Tattoo-Tagung mit vielen Spitzen-Tätowierern, aber auch weiteren Fachkundigen aus dem Bereich Tattoo & Tattooentfernung fand am 25.02.2017 in Bochum statt. Vom Tempel München fuhr bzw. flog eine dreiköpfige Delegation dafür an die Ruhr.
Es gibt immer etwas neues zu lernen
Das Bedürfnis immer dazu zu lernen, ständig optimal nach den neuesten Erkenntnissen zu arbeiten, interessante Themen aus dem Bereich Tattoo und Tattooentfernung und dazu ein hochkarätig besetztes Teilnehmerfeld. Die Tattoo-Tagung Bochum versprach interessant zu werden.
Statt finden sollte das ganze im Hörsaal am St. Josef-Hospital, Klinik der Ruhr-Universität Bochum und neben bekannten Größen der Tattooszene standen auch diverse Namen auf dem Programm die mir bis dato nichts sagten. Das ist aber nicht weiter verwunderlich, schließlich soll die Tattoo-Tagung u.a. als Schnittstelle zwischen Medizinern und Tätowierern bzw. Angehörigen der Tattoo-Szene fungieren. Beide Seiten können im Bereich „Tattoo“ viel voneinander lernen.
Die Referenten bei der Tattoo-Tagung in Bochum
Ich versuche an dieser Stelle alle Referenten kurz vorzustellen und ihre Vorträge in absoluter Kurzfassung wiederzugeben, allerdings wirklich nur sehr kurz. Es war sehr, sehr viel und alles auszuführen würde den Rahmen sprengen. A propos „Rahmen sprengen“:
Wenn man an der nahezu perfekt organisierten Veranstaltung etwas bemängeln möchte, dann das Zeitmanagement. Meist 15 Minuten eingeplante Rede- und Diskussionszeit war dann doch etwas sehr optimistisch so wurde die für 4,5 Stunden geplante Veranstaltung schlußendlich um gute drei Stunden überzogen.
Dr. med. Klaus Hoffmann
Er ist an der Klinik der leitende Arzt der Abteilung für ästhetisch operative Medizin und war nicht nur für Begrüßung und Schlußwort zuständig, sondern hielt auch den Vortrag „Was müssen Tätowierer und Arzt über das Tattoo wissen?“
Hier ging es ganz allgemein um die Biologie bis hin zur Wundheilung, Allergien und möglichen Komplikationen im Bereich Tattoo und Tattooentfernung mittels Tattoolaser. Es ist schön, einen äußerst kompetenten Mediziner zu erleben, der keinerlei Vorurteile gegenüber Tätowierern und Tätowierten kennt und viele anschauliche Beispiele aus der Praxis zu den angesprochenen Themen bringt.
An dieser Stelle der Hinweis: es war aus verständlichen Gründen (u.a. Patientenschutz) nicht erlaubt während der Vorträge zu filmen oder fotografieren. Ansonsten würden wir euch an dieser Stelle gerne ein paar anschauliche Fotos präsentieren.
Prof. Dr. Erich Kasten
Ein Neurowissenschaftler, University of Applied Science, Medical University Hamburg (MSH) mit dem spannenden Vortrag „Psycho-Tattoo“ – über sinnvolle und weniger sinnvolle Tätowierungen. Ohne das an dieser Stelle weiter vertiefen zu wollen, ging es u.a. um die Fragen
– warum lassen wir uns tätowieren?
– sind Tätowierte krimineller als Nicht-Tätowierte?
– Gibt es Tattoos, die für den Träger eine Schutzfunktion ausüben? den Menschen schützen? – Was sagen Tätowierungen über ihren Träger aus?
– Wie verändern wir uns mit unseren Tattoos in der Wahrnehmung für andere Menschen?
Ein äußerst spannendes Themenfeld, über das man sich stundenlang unterhalten und diskutieren kann.
Urban Slamal
Urban dürfte inzwischen sehr vielen Menschen aus der Tattooszene ein Begriff sein. Er ist Fachanwalt für Strafrecht, u.a. Vorstandsmitglied im Bundesverband Tattoo e.V., Deutsche Gesellschaft für Piercing e.V., Pro Tattoo e.V.
Urban hielt den Vortrag „Eine Branche auf dem Weg in die Normalität – Ausblicke auf die Zukunft der Tattoo-Industrie“. Hierzu nur ein kurzes Beispiel aus eigener Erfahrung:
Eröffnung Tattoostudios: Auch wenn es für viele heute kaum vorstellbar sein mag, so wurden wir vom Tempel München doch bei unserer Studioeröffnung von ein paar Tätowierern angefeindet, weil wir unser Studio zu nah an oder in „ihrem Revier“ eröffnet hatten. In fast allen anderen Branchen ist dies undenkbar. Auch nach unserer Studioeröffnung in Puchheim hörten wir ein paar mal, dass es diversen Tätowierern aus dem Landkreis „zu nah“ an ihrem Studio war. Das betreffende Tattoostudio war übrigens mehr als 5 Kilometer (!) entfernt.
Urban hielt einen kurzweiligen Vortrag und versuchte so ganz nebenbei, die Leute von der Sinnhaftigkeit von Verbänden wie z.B. dem Bundesverband Tattoo zu überzeugen. Leider haben viele Tätowierer und Tattoostudio-Betreiber immer noch nicht kapiert, wie wichtig es ist, dass sich Piercer, Tätowierer etc. in den entsprechenden Verbänden organisieren.
Alleine schon damit der Gesetzgeber einen kompetenten Ansprechpartner hat bevor es zu Gesetzesänderungen kommt die die ganze Branche betreffen. Letztlich muss es jeder selber für sich entscheiden, ich bin aber davon überzeugt dass diese Verbände eine sinnvolle Einrichtung sind und schon vor Jahren in die UETA und den Bundesverband Tattoo eingetreten.
Randy Engelhard
Randy muss man vermutlich den wenigsten Vorstellen. Seit Jahren rund um den Erdball auf vielen hochkarätigen Tattoomessen vertreten und hundertfach ausgeszeichnet, Veranstalter der Tattoo-Expo-Zwickau sowie des Rock´n Ink in Chemnitz. Nicht zuletzt im Fernsehen bei der Sendung „Horror-Tattoos“ für Cover-Up-Tattoos zuständig – es bot sich also an, dass Randy den Vortrag im Bereich Cover-Up-Tattoo hielt, das ganze mit ein paar Beispielen visuell aufbereitet & anschaulich erklärt.
Die anschließende Diskussion war zum Teil schon fast witzig, als eine Teilnehmerin der Tagung Randy erklären wollte, er hätte ja auch ein schwarzes Tattoo mit roten Rosen covern können. Meiner Meinung nach ein Ding der Unmöglichkeit, der Meinung von Randy nach auch. Die Beispiele von ihr hätten viele gerne gesehen, aber das ging leider nicht.
Dr. Anke Meisner
Sie Stellte die Website www.safer-tattoo.de vor – und was auf den ersten Blick lustig erscheint: Die Seite wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft betrieben. Sie dient als Verbraucherinformation als Beitrag zum Verbraucherschutz. Die Homepage ist aber gut gemacht, bringt viele gute Hinweise für den Tattoo-Neuling und die wenigsten Teilnehmer der Tattoo-Tagung wussten wohl, dass es diese Seite überhaupt gibt. Wieder was gelernt :).
Sara Pavo
Beim Vortrag „Micropigmentation“ ging es vor allem um Permanent Make-Up. Beeindruckend was damit möglich ist, allerdings für uns – trotz vieler Anfragen in diese Richtung – nicht wirklich interessant. Der Tempel bleibt ein Tattoo- und Piercingstudio.
Dipl.-Ing. (FH) Michael Dirks
In der Tattoo-Szene vielen als „Farb-Michel“ bekannt, weil seine Firma neben allerlei Tattoo-Bedarf auch diverse Tattoo-Farblinien produziert. Er hielt einen äußerst kurzweiligen und interessanten Vortrag über Tattoofarben bzw. vor allem Farbpigmente, woher die kommen, wie sie produziert werden, welche Farbpigmente in welchen Tattoofarben enthalten sind, welche Reinheitsgrade es gibt und so weiter.
Für uns nichts neues, aber doch immer wieder interessant: es kommt hin- und wieder vor, dass für Autolacke die gleichen Farbpigmente verwendet werden wie sie auch in Tattoo-Farben enthalten sind. Diverse Medien machen daraus in schöner Regelmäßigkeit dann „Autolack in Tattoofarben“. Ob sie es nicht besser wissen oder sich diese Schlagzeile einfach gut verkaufen lässt, lass ich an dieser Stelle bewusst dahingestellt.
Michael arbeitet derzeit daran, reine Tattoo-Pigmente herzustellen. Überhaupt ist auf dem Tattoo-Farben-Markt derzeit sehr viel Bewegung, wir sind gespannt wie es weitergeht.
Andy Engel
Andy Engel ist einer der ersten Namen der einem bei der Frage nach „Realistic-Tattoos“ einfällt – schon über 20 Jahre im Geschäft und einer der bekanntesten und gefragtesten Realistic-Tätowierer Weltweit. Er tätowiert nicht nur atemberaubende realistische Tätowierungen (u.a. auf unserem Robert), sondern nimmt auch – via Tattoo – Brustwarzenrekonstruktion vor und genau darüber ging der Vortrag. Interessant, dass dies in einigen Fällen sogar die Krankenkasse übernimmt und äußerst interessant, worin die Schwierigkeiten bei einer Brustwarzenrekonstruktion selbst für einen sehr guten Tätowierer liegen.
Andy erklärte zudem glaubhaft, dass es ihm bei dieser Arbeit nicht um den künstlerischen Anspruch oder das Geld geht – er ist ohnehin für viele Jahre ausgebucht – sondern darum, den betroffenen Frauen zu helfen. Ein durch und durch sympathischer Tätowierer und ein äußerst spannendes Thema.
Dr. rer. nat. Fedor Mayorov
Fedor ist Laser-Physiker und hielt den Vortrag über Tattoo-Laser zur Tattooentfernung bzw. „Moderne Laser“ vs „billig Tattoolaser aus Fernost“. Es ging um Parameter, Joule, Spotgrößen, Handstücke, Spiegelgelenkarme, Hz-Frequenz und wurde zum Teil sehr speziell – fassen wir es kurz. Wir vom Tempel München sind nach diesem Vortrag mehr denn je davon überzeugt, uns für den richtigen Tattoolaser entschieden und nicht am falschen Ende gespart zu haben. Es mag zwar deutlich billigere Tattoolaser geben die augenscheinlich sogar die gleiche Wirkung haben was die Tattooentfernung angeht. Allerdings verursachen diese oftmals eine deutlich größere Schädigung der Haut.
Trotz des deutlichen Zeitüberzuges verging die Zeit insgesamt viel zu schnell, diverse Themen hätte man noch deutlich vertiefen können. Insbesondere für den Plausch mit den Kollegen blieb dann leider doch zu wenig Zeit.
Wenn es nach uns geht, dann das nächste mal gerne einen ganzen oder noch besser zwei Tage, gerne mit mehreren Räumen und Vorträgen, darf dann auch gerne etwas mehr als die äußerst günstigen 50,- Euro bzw. 45,- Euro für Bundesverband-Tattoo Mitglieder kosten. Das wohl unbewusst gute Timing mit dem Karnevalswochenende in der Nähe zu Köln und Düsseldorf darf sehr gerne beibehalten werden.
Es war uns ein Fest, dabei zu sein – bis zum nächsten mal
Thomas, Franky & der Verfasser dieser Zeilen – Stephan, Tempel München